Thomas Gulz Interview: Orgeleuropameister und Buchautor

Thomas Gulz Interview: Orgeleuropameister und Buchautor

Thomas und ich kennen uns schon seit vielen Jahren, weil wie beide Mitglieder in der Deutschen Sinatra Society sind. Außerdem verbindet uns eine gemeinsame Leidenschaft, nämlich der Jazz.

 

Thomas hat jetzt ein Buch geschrieben, mit dem Titel „Heiße Tasten-Anekdoten aus einem Leben mit Musik“. Thomas ist seit 50 Jahren Musiker und ist sehr versiert auf der Orgel. Im Jahr 1981 wurde er Europameister in einem Orgelwettbewerb von Yamaha. Thomas ist zwar hauptberuflich Jurist, doch verbringt er fast jede freie Minute mit Auftritten oder Konzerten am Klavier oder an der Orgel.

 

Das Buch könnt ihr hier erwerben:

 

Gulz | Heisse Tasten | 1. Auflage | 2023 | beck-shop.de

 

Darin schildert Thomas seinen Werdegang und diverse vergnügliche Anekdoten über Auftritte, die gut oder auch schlecht liefen. Dabei kann man einiges lernen, welche Fehler man als Musiker und Veranstalter nicht machen sollte.

 

Das Interview haben wir live im Mai 2023 in Nürnberg geführt. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen. Das Interview gliedert sich in zwei Bereiche. Im ersten Teil reden wir über Frank Sinatra, im zweiten Teil über den Jazz.

© Alex Schicke, Nürnberg // Thomas und Birgit Gulz / Mai, 2023
© Alex Schicke, Nürnberg // Thomas und Birgit Gulz / Mai, 2023

Alex: Wie bist du zu Musik gekommen?

 

Thomas: Das war schon in sehr früheren Jahren. Meine Großmutter hat mir Kinderlieder vorgespielt und ich habe selber schon begeistert am Klavier nachgespielt. In der Schulzeit habe ich Blockföte gelernt und habe schon erste Arrangements gespielt. Da habe ich erkannt, dass man mit Musik Leuten eine Freude machen kann. Richtig los ging es als mein Vater eine Orgel gekauft hat und ich war total fasziniert von dem Instrument. Einige Jahre später habe ich auch Klavier am Konservatorium professionell gelernt.

 

Alex: Wie bist du zum Jazz gekommen?

 

Thomas:  Das war über meine Orgelwettbewerbe. Eine Aufgabe war es über wenige ausnotierte Takte zu improvisieren und draus ein Stück zu machen. Ich habe mich dabei an den großen Jazzmusikern orientiert und vor allem an der Plattensammlung meines Vaters, der ein großer Jazzfan war.

 

Alex: Was sind deiner Vorbilder?

 

Thomas: Das ist Jimmy Smith, auch was seine Solos anbelangt, aber auch Wild Bill Davis. Am Klavier ganz sicher Dave Brubeck, George Shearing, Herbie Hancock und Bill Evans.

 

Alex: Wie kamst du zur Uni Big Band? Es gibt aus dem Jahr 1995 ein Clip auf Youtube.

 

Thomas: Das war über mein Studium. Ein Teil der Ausbildung am Konservatorium war auch die Mitgliedschaft in einer Stageband. Die Uni Band wurde im Jahr 1989 gegründet und spielte bis in die 90er Jahre hinein. Es war am Anfang eher der traditionelle Big Band Stil und später kamen Jazz-Rock Stücke dazu.

 

Ein Highlight war ein Engagement im Wiener Jazzland. Das ist der traditionellste Jazzclub in Wien. Es war ein fulminantes Erlebnis, denn es war rappelvoll.

 

Alex: Bist du dem großen Jazz-Pianisten Fritz Pauer begegnet?

 

Thomas: Ja, Fritz Pauer bin ich am Konservatorium begegnet und hab ihn sehr oft live gesehen. Als Mensch war er sehr nett. Auch habe ich ihn sehr oft mit Art Farmer live gesehen, und mit Benny Golson auf dem Jazzfest Wien. Ja, Wien hat schon eine große Jazzszene. Es ist fast jeden Tag etwas Jazziges geboten. Wien ist eine Musikstadt, denn es gibt Clubs, wo coole Musik gespielt wird.

 

Eine andere große Jazzstadt ist aber Graz, dort spielen Musikstudenten auf höchstem Niveau jedes Wochenende auf der Straße.

 

Alex: Welchen Jazzstil magst du?

 

Thomas: Meine persönliche Vorliebe sind die Standards der 30er Jahre, weil diese Nummern einen unglaublichen Reichtum an Harmonien haben. Diese Broadwaylieder sind später zu Jazzstandards geworden, die auch im Modern Jazz weiterentwickelt worden sind. Aber ich mag auch den modernen Jazz, so habe ich z.B. die Band Weather Report in Ihrer Orginalbesetzung noch gesehen.

 

In letzter Zeit habe ich auch den Gospel lieben gelernt, vor allem durch meine USA-Besuche. Bei meinen Konzerten streue ich gelegentlich eine Gospelnummer ein.

 

Alex: Welchen Jazzmusiker bist du mal begegnet?

 

Thomas: Ich hatte mal das Glück im Rahmen meiner Tätigkeit als Musikjournalist bei Manual Dave Brubeck zu interviewen, dies wurde später auch in einem Manual Heft abgedruckt. Er ist eines meiner Vorbilder. Natürlich war ich nervös, aber mir sind gottseidank ein paar Fragen eingefallen.

 

Dann bin ich Joey Defrancesco begegnet, der für die heutige Jazzorgel einen ähnlichen Stellenwert hat wie früher der Jimmy Smith. Und noch vielen anderen wie z.B. Wild Bill Davis oder Jimmy McGriff.

 

Alex: Wie kam es zu deinen eigenen CD-Aufnahmen?

 

Thomas:  Das hat sich sehr langsam entwickelt. Ich hatte schon immer den Wunsch eine eigene CD zu machen, doch wusste ich es nicht wie es angehen sollte. Außerdem gab es da viele Möglichkeiten, weil ich die verschiedenen Orgelinstrumente spielte und auch Klavier spiele. In den mittleren 1990er Jahren kam es endlich zur dieser CD „Cool Blue Journey“ und habe dort einen Querschnitt von Klavier und Orgel Stücken aufgenommen. Ein paar Jahre später habe ich eine jazzige Klavier CD, „My Piano Music“ aufgenommen. Die Solostücke waren Balladen und die swingenden Nummern habe ich im Duo mit einem Bassisten gespielt.

 

In den nächsten Jahren möchte ich eine CD an der Hammond-Orgel gemeinsam mit Begleitmusikern aufnehmen. dazu schon verschiedene Sounds im Kopf.

 

Alex: Hast du noch ein Projekt im Jazz- Bereich?

 

Thomas: Ja, ich habe ein etwas ausgefallenes Projekt, bei dem ich anfangs Vorbehalte hatte. Ich spiele Jazz auf der Kirchenorgel in der Marienbrunner Wallfahrtskirche. Es ist eine 300 Jahre alte Barockorgel und für diese Art der Musik eigentlich nicht gemacht. Während der Corona-Zeit habe ich da auch schon Konzerte gespielt und der Pfarrer hat sogar dazu gesungen. Und man darf raten was es war? Richtig, es waren Sinatra Nummern. Aber da einen ganzen Abend Jazz zu spielen, das ist eine Herausforderung.

 

Alex: Du wurdest sogar mal Orgeleuropameister-denkst du immer noch gern dran zurück?

 

Thomas:  Ja, das war in meiner Jugendzeit als ich an Wettbewerben teilnahm, die hauptsächlich von der Firma Yamaha veranstaltet wurden. Im Jahr 1981 wurde ich zunächst Österreich-Sieger und hab dann die Europameisterschaft gewonnen. Der Preis war eine zweiwöchige Japanreise, wo ich in der Stadthalle in Tokio gespielt habe.

 

Im Jahr 1987 bin ich noch einmal angetreten, wieder in das Europafinale der Orgelmeisterschaft gekommen und wurde Dritter. Ich habe dort einen Sonderpreis für die beste Improvisation gewonnen, dies war ein schöner Abschluss meiner Wettbewerbszeit.

 

Alex: Bereust du es nicht, dass du nicht die Weltkarriere gemacht hast?

 

Thomas: Es ist müßig darüber zu spekulieren. Es war ja meine Entscheidung und ich bin froh, dass ich nie von der Musik habe leben müssen. Außerdem mache ich meinen juristischen Beruf seit 34 Jahren mit viel Leidenschaft. Es ist gut so, wie es gelaufen ist.

 

Ich stehe abseits der Bühne nicht gern im Mittelpunkt und ein „Weltstar“ tut das, daher weiß ich nicht ob das andere Leben besser gewesen wäre.

 

Alex:  Warum hast du das Buch „Heisse Tasten“ geschrieben?

 

Thomas: Ich bin seit über 50 Jahren Musiker und habe auf und abseits der Bühne sehr viel erlebt. Als Basis diente mir eine Auflistung aller Auftrittsorte, bei denen ich gespielt habe. Ich habe alle aufgeschrieben, dies waren 18 DINA-4 Seiten. Zunächst wollte ich einen Ratgeber schreiben für Veranstalter und Musiker, welche Fehler beide nicht machen sollten. Es ist aber dann so persönlich geworden, dass daraus meine Memoiren zu meinem Musikleben entstanden sind. Das Buch habe ich während des Corona-Lockdowns geschrieben, da konnte man eh sonst nichts machen.

 

Ein zentrales Anliegen von mir war es den Unterschied zwischen Unterhaltungsmusik und konzertanter Musik darzustellen.

 

Alex: Woher kam der Name des Buchs Heiße Tasten?

 

Thomas: In den 1980ern war ich Mitglied in einem Orgelclub und ein Freund von mir dort sagte mal: „Nach Thomas spiel ich nicht, da sind die Tasten heiß“

 

Ich spiele in der Band Swinging K.S. mit Karin Strahner, Gesang und Franz Englhofer am Sax. Karin sagte mal in einem Konzert „Thomas an den heißen Tasten“. Daher der Titel des Buchs- die beiden Ereignisse haben aber nix miteinander zu tun.

 

Alex: Willst du mal auf Tour in Deutschland gehen?

 

Thomas:  Ja, sehr gerne würde ich das einmal machen. Dies wird eher in meiner Zeit in der Pension sein- auch gerne mit einer jazzigen Band. Ich hoffe, dass ich dann auch mehr zum Komponieren komme.

 

Alex: Danke für das Interview Thomas!

 

Thomas: Sehr gerne Alex hat mir sehr viel Spaß gemacht!

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Kommentare: 1
  • #1

    Jürgen (Sonntag, 23 Juli 2023 15:06)

    Hallo Alex,
    ein erhellendes Interview mit einem mir völlig Unbekannten.
    Nach langem Suchen habe ich eine Aufnahme mit der Sängerin Karin Strahner gefunden, hier dier Link.
    https://corporatebiz.at/corporate-fun/
    Darin hört man Deinen Interviewpartner auf dem Klavier und an der Orgel.

    VG, Jürgen