Jazz aus Italy (2): Franco Ambrosetti „Long Waves“

Jazz aus Italy (2): Franco Ambrosetti „Long Waves“

In meiner Reihe „Jazz aus Italy“ stelle ich heute die neue CD „Long Waves“ von Franco Ambrosetti vor.

Franco Ambrosetti war hier schon mehrmals Thema im Blog. Ich habe schon seine Biographie und seine vorletzte CD vorgestellt, jetzt stelle ich seine wunderbare aktuelle CD „Long Waves“ vor.

Schon Miles Davis lobte Franco Ambrosetti in einem Interview. Nachdem Franco Ambrosetti zu seinem 75. Geburtstag noch die CD Cheers bei Enja aufgenommen hatte, nahm Franco seine jetzige CD „Long Waves“ beim Label unitrecords mit einer absoluten Traumbesetzung auf:

John Scofield –   Gitarre

Uri Caine – Piano

Jack Dejohnette – Schlagzeuger

Scott Colley – Bassist

Alle Musiker arbeiten schon teilweise seit den 80er Jahren mit Franco Ambrosetti zusammen. Scott Colley ist hier der Neue im Bunde. Die Platte besteht aus vier Eigenkompositionen, darunter ein Stück seines Freundes und Wegbegleiters George Gruntz und zwei Evergreens. Ambrosetti spielt hier statt der Trompete mit einem Flügelhorn. Das besondere Kennzeichen von diesem Quintett ist ein glasklarer und präziser Sound dieser CD. Obwohl die Band nur selten zusammen spielt, spielt sie hier auf den Punkt genau und vor allem versucht keiner, den anderen solistisch zu übertrumpfen.

Die Stücke haben ihren ganz eigenen Reiz. Bei dem Stück „Milonga“ fällt das sehr getragene Flügelhorn Solo von Franco Ambrosetti auf. Er spielt sehr stabil die hohen Töne im hohen Register, dabei orientiert er sich am Pianisten. Das Stück ist wie ein leichter Tanz. Dahingegen wirkt das Stück „Try Again“ wie eine zurückhaltende Swing-Nummer, dabei lässt sich Ambrosetti treiben von Schlagzeuger Jack Dejohnette, der ihn zu solistischen Höhenflügen anstachelt.

Bei Silli’s Long Wave herrscht eine meditative Grundstimmung vor, vergleichbar mit den Aufnahmen vom John-Coltrane-Quartett. Franco Ambrosetti zieht hier die Noten schön lang, sehr gut sind die lyrischen, fast nachdenklichen Passagen von John Scofield an der Gitarre. Eine Nummer, die man bei einem zarten Rotwein genießen sollte. Die Nummer „One For The Kids“ von George Gruntz (langjähriger Weggefährte von Franco) ist ein Fest für die Freunde des Funk-Jazz. Dejohnette gibt den Funk-Beat vor, daran orientieren sich alle Solisten. Franco Ambrosetti steigert langsam im Tempo, was cool und lässig rüberkommt.

Die Standard „Old Folks“ ist eine Nummer, die fast alle großen Jazzer gespielt haben, für viele Jazzfreunde bleibt die Version von Miles Davis mit John Coltrane unvergessen. Franco baut das Thema hier Schritt für Schritt auf. Sehr schön ist dabei der Austausch zwischen John Scofield und Franco Ambrosetti. Scofield spielt in den tieferen Tonlagen und Franco in den höheren Tonlagen, so entsteht ein sehr eindringlicher Dialog, fast wie der Austausch von einem alten Ehepaar. Die zweite Nummer, die Franco Ambrosetti seiner Frau gewidmet hat, heißt „Silli´s Waltz“. Es ist ein schöner langsam dahingleitender Walzer mit einer zarten Melodie voller Liebe und Poesie. Das Ende der Platte stellt der Standard „On Green Dolphin Street“ dar, dies erinnert an eine Jam Session in einem Jazz-Club. Hier hat jeder Solist noch einmal ein kurzes Solo – angetrieben von Jack DeJohnette am Schlagzeug. 

Man spürt bei der CD, dass hier Weltklassemusiker zusammen spielen. Die Band spielt zusammen, d. h., dass die Solisten genau und passend reagieren und sich in den Ensemble-Passagen unterstützen. Franco Ambrosetti spielt mit einer ungeheuren Wärme und Emotionalität, was der Musik viel Herz und Gefühl gibt. Wer gut gemachte, stimmige Jazzmusik will, der muss diese Platte kaufen. Ich bin schon gespannt auf weitere Franco-Ambrosetti-Platten.

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