Jazz in Stuttgart (14) DIEREMSTALSINFONIE

Jazz in Stuttgart (14) DIEREMSTALSINFONIE

Was ist Heimat? Heimat ist für mich der Platz, wo man sich wohlfühlt, seine Freunde hat und wo es einem in der Seele guttut. Die Heimat wird oft idealisiert und auch übertrieben dargestellt. Die Heimat kann ziemlich anstrengend sein und einem oft den Verstand rauben, doch man kommt immer wieder dahin zurück. Wie ein Fluss, der unweigerlich in einen anderen Fluss mündet und dann irgendwann einmal später ins Meer.

 

Um Heimat geht es im Album „Alles im Fluss – Die Remstalsinfonie“. Eberhard Budziat ist ein alter Bekannter der Stuttgarter Jazzszene. Er tritt oft in der Jazzhall und im Merlin auf. Er hat zahlreiche Alben mit Big Band, Quartett und Quintett aufgenommen. Sein Stil reicht von modernem Jazz bis zum traditionellen Jazz mit viel Würze. In der Remstalsinfonie huldigt Eberhard Budziat das Remstal, welches bei mir gleich vor der Tür liegt. Bei seiner Remstalsinfonie spielen renommierte Musiker der Stuttgarter Jazzszene mit wie z.B. Christopher Beck (Baritonsaxophon), Stefan Koschitzki (Bass), Dizzy Krisch (Vibraphon), Joe Gallardo (Posaune), Magnus Mehl (Sopransaxophon), William Lecomte (Klavier), Wolfgang Führ (Tenorsaxophon), Jürgen Bothner (Tenorsaxophon), Stephan Zimmermann (Trompete) und Lukas Jochner (Posaune). Viele der Musiker haben selber Bands und sind in ganz Deutschland unterwegs. Als Gastredner konnte Eberhard Budziat den Sternekoch und Jazzfan Vincent Klink gewinnen.

Das Album ist eine Hommage an die Menschen aus dem Remstal und erzählt Begebenheiten aus der Vergangenheit und ist vor allem ein Plädoyer für die Toleranz. Es bleibt nicht in der Tradition behaftet, sondern zeigt auch, dass das Remstal neue Kulturen erfolgreich integriert hat. Das Album besteht aus vier Sinfonien, die den Klang der Region abbilden sollen, und zwei Stücken über die schwäbische Grundnahrung „FLEISCHKÜCHLE UND MAULTASCHEN“ und dem launischen „LET`S GO TO THE KOKO“.

Der erste Satz der Remstalsinfonie handelt vom Thema Stau, damit müssen alle Kulturen umgehen. In jedem Auto gibt es unterschiedliche Musik, Türkisch, Italienisch, Deutsch, und auch ein Country-Fan ist dabei. Sehr soulig geht es zu im zweiten Satz der Remstalsinfonie. Hier geht es um die Lieblingsbeschäftigung der Schwaben, nämlich den Besuch eines Weinfests. Hier herrschen festliche Klänge vor, mit viel Herzblut gespielt. Im dritten Satz geht es um die schwäbische Seele. Die Grundstimmung ist melancholisch, rau. Am Ende gibt es ein Donnerfeuer am Klavier, gespielt von William Lecomte. Die Musik fängt alle Emotionen eines Menschen nach ein paar Gläsern Wein ein. Der vierte Satz enthält Anklänge des Klezmerstils, er soll Menschen verschiedener Kulturen beim Kochen zeigen. Das Ensemble singt im Hintergrund Klemzer ähnliche Töne. Auch der Schwabe kocht heute Couscous, so das launige Fazit von Vincent Klink. Hier kann man förmlich die lebhaften Diskussionen am Küchentisch musikalisch heraushören.

Die Platte wird mit der Nummer „FLEISCHKÜCHLE UND MAULTASCHEN“ abgerundet. Das ist eine Powerhouse-Nummer, die Band spielt hohe Töne gleichmäßig lang. Die Trompeten wechseln mit Saxophonisten konstant ab. Es erinnert an modernen Big Band Jazz à la Francy Boland & Kenny Clarke Big Band. Der Abschluss kommt mit „LET`S GO TO THE KOKO“, hier herrschen weiche, wohlklingende Töne vor, auch hier wechseln die Bläsersätze sich konstant ab, spielen aber sehr druckvoll konstant ein mittleres Thema. Die Konstanz der Musik erinnert an einen gleichmäßigen Fluss, der in einen größeren Fluss mündet. In diesem Fall ist es die Rems in den großen Neckar, der Stuttgart in Bad-Cannstatt durchfließt.

Die Platte „Alles im Fluss – Die Remstalsinfonie“ zeigt, dass eine Symphonie aus einer Vielzahl der Töne besteht, die man auf dieser Platte alle hören kann. Es sind italienische, arabische, deutsche und osteuropäisch angehauchte Passagen zu hören. Die Musiker spielen exzellent zusammen und auch die Band puscht die Musiker zu neuen Höchstleistungen. Die Platte solle ein Zeichen der Toleranz sein, auch für andere Kulturen. Diese anderen Kulturen sind eine Bereicherung für die bestehende schwäbische Kultur und machen die Heimat liebenswert und lebenswert. Auch die schwäbische Seele hat viel Herz und Charme, das betrifft nicht nur Fleischküchle und Maultaschen. Die CD kann man allen Leuten empfehlen, die gutes Essen, Weinfeste, Maultaschen und Fleischküchle und guten herzigen Big Band Jazz von Eberhard Budziat und die launigen Kommentare von Vincent Klink mögen.

 

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