CD Reviews: Ulla Haesen & Trio Elf

CD Reviews: Ulla Haesen & Trio Elf

 Ulla Haesen: „Rio“

Rio de Janeiro war immer und ist heute noch ein Schmelztiegel der Kulturen, wo die Musik verschiedener Kulturen zusammentraf und daraus neue Musik wurde, in den 60ern traf der Jazz auf traditionelle brasilianische Rhythmen – daraus wurde später der Musikstil Bossa Nova.

Bei der Platte „Rio“ von Ulla Haesen sieht man den langen Strand von der Copacabana vor sich mit viel Sonnenschein, viele lässige Leute und schöne Wellen. Dabei meint man, eine waschechte brasilianische Sängerin zu hören. Doch weit gefehlt, denn Ulla Haesen kommt aus Deutschland.

Die Sängerin Ulla Haesen kommt aus Köln und ist eine Deutsch-Finnin und sie hat schon in früheren Jahren die portugiesische Sprache gelernt. Schon ihre frühen CDs „ABRE ALAS“ und „BELEZA!“ bestechen durch feine, sanfte, aber sehr rhythmische Bossa-Nova-Stücke mit europäischen Spitzenmusikern.

Auf ihrer neuen Platte „Rio“ versammelt Ulla brasilianische Spitzenmusiker wie Nelson Faria (Gitarre), Lula Galvão und Gabriel Pérez (Flöte und Tenorsaxophon), aber auch europäische Spitzenmusiker wie Francesco Petrocca (Gitarre) oder Decebal Badila (Bass). Hinzu kommt, dass man insbesondere auf der Schallplatte einen glasklaren Sound hat. Der Sound flattert angenehm im Raum und ist genauso dynamisch wie die gesamte Musik. Mein Tipp ist es, die Platte am Stück durchzuhören, so schafft man ein besonders intensives Hörerlebnis.

Schon bei „DISFARÇA E VEM“ geht es schon sehr rhythmisch zu, denn das normale Schlagzeug wird durch einen Drummer verstärkt. Das ist ein sehr packender Rhythmus, welcher so in der europäischen Musik nicht vorkommt. Bei dem Stück „RIO – SÓ VIM MATAR SAUDADE“ hat der Zuschauer Rio vor Augen und lange Strände. Das jazzigste Stück für mich auf der gesamten Platte ist „AQUELAS COISAS TODAS“. Hier arbeitet Ulla Haesen geschickt mit dem Call- und Response-Schema, unterstützt durch besondere rhythmische Basseffekte von Decebal Badila. Etwas zum Träumen ist das Stück „LEMBRA DE MIM“. Hier singt Ulla Haesen besonders zart und rauchig mit viel Melancholie.

Jedes Stück der Platte hat seinen eigenen Charakter und lädt den Zuhörer dazu ein, sich seine eigenen Bilder im Kopf zu bilden. Mal befinden wir uns in der Großstadt Rio und mal ganz einsam und verlassen am Strand. Besonders gelungen sind die Coverbilder, denn die zeigen eine strahlende Ulla Haesen inmitten der traumhaften Strandkulisse von Rio. Genau so klingt auch diese Musik! Des Weiteren gibt es auf dem Album schöne Effekte, z.B. hört man ein paar Mal Ulla Haesen teilweise parallel mit zwei unterschiedlichen Stimmen gleichzeitig. Auch die Musiker haben kurze, aber sehr jazzige Solos, insgesamt fließt die ganze Musik schön dahin mit viel Schwung.

Das Album ist für mich die ideale Musik für eine ausgelassene Sommerparty, daher kann ich es euch sehr empfehlen. 

 Trio Elf „The Brazilian Album“

 

Es gibt und gab schon viele Verbindungen zwischen brasilianischer Musik und Jazz, doch solch eine Verbindung mit einem Trio und Perkussionisten mit Sängerinnen ist eher sehr selten und außergewöhnlich.

Das Trio Elf gibt es seit 12 Jahren und hat seinen Hauptsitz in der Region München. Seitdem sind einige Alben wie „Elf“ und „Elfland“ bei Enja erschienen. Das Trio spielt sehr offen und bietet so ideale Möglichkeiten auch für andere Mitspieler. Das Trio besteht aus Walter Lang am Klavier, Peter Cudek am Bass und Gerwin Eisenhauer am Schlagzeug. Bei dem „Brazilian Album“ wird das Trio um den Perkussionisten Marco Lobo erweitert. Das Trio ist ständig weltweit unterwegs und spielt bei diversen Festivals, daher ist es nicht verwunderlich, dass es bei einem Festival zu einem Zusammentreffen mit Marco Lobo kam. Unterstützt wird dieses Quartett von Maria Gadú, Mariene de Castro, Virgina Rodrigues, Margareth Menezes und Jussara Silveira am Gesang.

Im Mittelpunkt des Albums steht die Provinz Bahia mit ihrer Hauptstadt Bahia, das kulturelle Zentrums Brasilien. Diese Provinz ist stark von afrikanischer Musik beeinflusst und von der Musik der Religion „Candomblé“. Viele der zu hörenden Sängerinnen auf diesem Album haben ihre Karrieren mit religiösem Gesang begonnen.

Das Album atmet viel brasilianisches Flair. Scheinbar mühelos lässt sich die Jazzwelt mit der brasilianischen Welt vereinen, denn Walter Lang spielt auf dem Album sehr offen. Durch die Verbindung mit der Perkussion entsteht ein eigener rhythmischer Beat. Dieses schwebende und fingerleichte Spiel kann man direkt beim ersten Stück „Don Cila“ heraushören. Hier prallt afrikanische Musik mit Musik der Einwanderer direkt aufeinander. Eine eher unruhige Grundstimmung hat das Stück „Fé Cega, Faca Amolada“ („Blinder Glaube, abgebrochenes Messer“), hier hat man das Gefühl, in einer dunklen Gasse bei Nacht zu sein. Auch hier spielt das Trio sehr eindringlich und mit viel Schwung. Aber auch dezente, verhaltene Töne lassen sich auf dem Album finden wie bei „Clube da Esquina“ (Eckkneipe). Der Song ist voller Melancholie und Hoffnung. Das Trio Elf spielt mit viel Spielfreude und einer gewissen Leichtigkeit.

Das Album ist für mich ein Sommeralbum, hier gibt es wenige harte Akkorde und langgezogene Noten, sondern es herrscht überwiegend ein federleichter, eher schwebender Sound vor. Für diese Erweiterung sorgt Marco Lobo. Auch die Sängerinnen fügen sich perfekt in dieses Klanggefüge ein. Eine Empfehlung für lange und heiße Sommernächte!

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