Jazz in Stuttgart (7) Werner Lener Interview Teil 2

Jazz in Stuttgart (7) Werner Lener Interview Teil 2

Welche Musiker haben dich beeinflusst?

Auf alle Fälle Oscar Peterson und später auch Bill Evans, der interessante Akkorde verwendet hat. Ich war schon immer ein Liebhaber von Melodien, daher hat mich Keith Jarrett und dessen melodische Improvisationskunst begeistert,  wie er aus einer einfachen Melodie einen leuchtenden Kristall gestalten konnte. Ich höre zwar auch modernen Jazz, auch Neue Klassik, aber bin und bleibe ein Liebhaber von harmonischen Melodien, was in meinen Kompositionen deutlich zu hören ist.

Du hattest 1982 einen Auftritt im Tatort. Kannst du dich daran noch erinnern?

Die Darktown Jazzband hatte bei diesem Stuttgarter Tatort „Mord ist kein Geschäft“ einen etwa 5 minütigen Auftritt, der in der Dixieland Hall gedreht wurde. Der Mörder in diesem Tatort spielte ein Schauspieler, der unseren Saxophonisten ersetzte. Dieser konnte natürlich nicht Saxophon spielen, also hat er auf unseren seitlich stehenden Saxophonisten Charly Höllering geachtet  und dessen Bewegungen nachgemacht. Wir waren für diese 5 Minuten etwa zwei Drehtage beschäftigt. Ich hatte auch eine kurze Sprechrolle, als ich dem Kommissar eine kurze Auskunft über „unseren“ Saxophonisten geben musste. Der Tatort wird heute noch ab und zu im Fernsehen wiederholt.

Was kannst du mir über deine Fernsehzeit mit Hanns Dieter Hüsch erzählen?

Die Aufnahmen zu dieser Kabarettsendung mit Hanns Dieter Hüsch fanden in Saarbrücken statt. Hüsch hatte seine Texte oft ganz kurz vor der Sendung geschrieben. Wir von der Darktown Jazz Band hatten eigentlich keine Vorgaben zum Inhalt der Musik, nur, dass kein Stück länger als 3 Minuten dauern durfte. Die Soli waren deshalb ganz kurz, in der Regel nur ein halber Chorus für jeden. Wie im Fernsehen so üblich, wurden ausführliche Proben eingeplant, die jedoch für uns total problemlos abgelaufen sind. Wir waren in guten Hotels untergebracht und hatten viel Zeit, die Stadt kennen zu lernen. Damals war Gregor Beck unser Schlagzeuger, der heute u.a. für Chris Barber spielt.

 

© Werner Lener,  Stuttgart// Darktown Jazzband mit Hans Dieter Hüsch / 1986
© Werner Lener, Stuttgart// Darktown Jazzband mit Hans Dieter Hüsch / 1986

Wie bist du mit Peanuts Hucko in Kontakt gekommen?

Über mehrere Jahre hat unser Bassist Ludwig Stimmler die Kontakte zu den amerikanischen Gastmusikern hergestellt. Diese Musiker sind sehr gerne nach Deutschland gekommen. Peanuts Hucko war ein freundlicher und sehr bescheidener Mensch, der im Stil von Benny Goodman gespielt hat. Wir musizierten in vielen Konzerten mit ihm, auch im Quartett mit Slick Salzer.

Er legte immer Wert darauf, in einem Hotel zu übernachten. Jedoch ist es mir einmal bei einem Stuttgarter Konzert nicht gelungen, während einer gleichzeitig stattfindenden Messe ein Zimmer zu reservieren. Ich hatte zu dem Konzert Peanuts Hucko, Bill Allred und Colin Dawson eingeladen und Peanuts weigerte sich, bei mir im Gästezimmer zu übernachten. Erst nach langem Überreden aller ist er dann doch aus dem Auto ausgestiegen - und es entstand ein gemütliches Zusammensein mit guter Musik.

Welche Erinnerungen hast du an Bill Ramsey ?

Die Darktown Jazzband war im Oktober 1981 zum Mainzer Landespresseball engagiert, wo auch im großen Saal Vico Torriani und Bill Ramsey auftraten. Bill kam zu uns herüber und hat spontan mit uns ein paar Titel gesungen. Er fand die Band gut und hat uns über viele Jahre zu seiner Begleitband erkoren.

Bill Ramsey war witzig und sehr relaxt, ein swingender Sänger mit großer Stimme, ein unterhaltsamer Entertainer. Er wollte in den 80er Jahren weg von seinen alten Schlagern, mit denen er in Deutschland bekannt geworden war. Das Publikum hat zwar oft nach der „Mausefalle“ verlangt, aber er lehnte ab und sang Jazz. Die Konzerte mit Bill Ramsey waren immer ausverkauft. Er erschloss uns neue Kontakte, die wir ohne ihn nicht bekommen hätten. Als er später nach Hamburg zog, ist unsere Zusammenarbeit zu Ende gegangen. Die Distanz war einfach zu groß.

Welche Erinnerungen hast du an die Plattenaufnahmen mit Woody Shaw und Clark Terry?

Woody Shaw wurde auch zu einem Konzert von uns eingeladen. Er kam eine Stunde zu spät zum Konzert, da er sein Flugzeug verfehlt hatte. Beim Eintreffen verlangte er zuerst nach einer Flasche Rum und ein Zimmer für seine Entspannungsübungen. Wir waren natürlich etwas aufgeregt, aber es entstand danach trotzdem ein gelungenes Konzert, das sogar der SDR aufgezeichnet hat.

Ganz ähnlich bei den Studioaufnahmen im Jahr 1987 im Studio Bauer in Ludwigsburg. Auch hier brauchte Woody seinen Rum und seine Entspannungsübungen. Er verschwand für längere Zeit in einem ruhigen Zimmer, und Ingenieur und Musiker warteten geduldig auf sein Erscheinen. Woody wählte dann die Stücke aus, es waren  natürlich alles Standards. Zeit für Proben hatten wir keine und waren wohl etwas angespannt, aber trotzdem war das Spiel von Woody Shaw wunderbar wie immer.

Beim Playback hörte sich Shaw mehrmals mein Klaviersolo an, das ihm wohl sehr gut gefallen hatte. Er sagte mehrmals zum Ingenieur „Play it again“. Ja, das war wie ein kleiner Ritterschlag für mich.

Clark Terry begleitete ich 2000 auf einer Kreuzfahrt. Er war damals schon 80 Jahre alt und hatte Probleme beim Gehen, also musste ich ihn überall hinführen. Aber er war ein ganz lieber und netter Mensch. Seinem Trompetenspiel war jedoch sein hohes Alter nicht anzumerken.

 

© Werner Lener, Stuttgart//  Werner Lener, Clark Terry / 2000
© Werner Lener, Stuttgart// Werner Lener, Clark Terry / 2000

Was kannst du mir über die Entstehungsgeschichte deines Plattenlabels erzählen?

Ich interessierte mich schon immer für Tontechnik. In diesem Zusammenhang hörte ich einen Vortrag von einer Stuttgarter Schallplattenfirma zum Thema Surround Sound, wobei unter anderem eine CD mit Klaviermusik gespielt wurde. Der Klang war so direkt und klar, so dass ich nach dem Vortrag nachgefragt habe, wo dieser wohlklingende Flügel stehen würde. Mir wurde gesagt, dass der Flügel nur geliehen und die Aufnahme mit tragbarem Gerät in einer Kirche gemacht wurde. Das hat mich interessiert und ich baute mir selbst das notwendige Verstärkersystem zu meinem Computer. Wegen der notwendigen sehr hohen Qualität war ich damit ein halbes Jahr beschäftigt. Aber seitdem nehme ich alle meine CDs bei mir im Wohnzimmer auf.

Ach ja, der Name meines Labels „Boogiebop“ soll ausdrücken, dass ich von Boogie bis Bebop alle Jazzrichtungen liebe und auch spiele. Es steht für meine musikalische Ausrichtung.

Was ist an deiner neuen CD so besonders? Welche Landscapes beschreibt Sie?

Auf der CD gibt es  eine bunte Mischung: Swing, Bebop, Balladen und auch eine Rumba. Diese sind musikalisch gesehen verschiedene Landschaften. Daher also der Titel!

Wie hat sich die Jazzhall in Stuttgart über die Jahre verändert? Spielst du gerne dort?

Die Jazzhall hat sich wenig verändert, das Programm beinhaltet häufig Oldtimemusik, die aber durchaus ihre Anhänger hat. Ich spielte und spiele dort immer noch sehr gerne, denn es steht ein sehr guter Flügel in der Hall.

Was ist deine Meinung  zu dem Begriff Jazzstadt Stuttgart?

Der Begriff wurde von Prof. Michael Greulich kreiert. Er ist mit Sicherheit sehr werbewirksam, denn wir haben ja auch einige gute Jazzclubs in Stuttgart.

Welche Herausforderungen haben hier Künstler in Stuttgart?

Viele gute Musiker kommen von der Musikhochschule und jeder muss sich um Engagements bemühen. Das ist oft schwierig, denn es gibt leider nicht genug Arbeit für alle Musiker. Nur die Besten haben Erfolg. Das drückt sich auch mittlerweile in den eher niedrigen Gagen aus.

Was sind deine nächsten musikalischen Projekte (Plattenaufnahmen und Konzerte)?

Ich lasse alles auf mich zukommen. Ich werde weiterhin in meinem „Studio“ experimentieren und auch Einflüsse von jungen Musikern aufnehmen. Es ist ein lebenslanges Lernen. Ich bin immer offen für neue Ideen. Gerne bin ich auch zu einem Konzertauftritt bereit. Ich will mich aber nicht aufdrängen, denn vor allem die jungen Musiker brauchen die Jobs.

Danke für das Interview, Werner!

Danke Alex, es hat mir sehr viel Spaß gemacht, wegen deiner Fragen und deinem Interesse  über meine Jazzgeschichte nachzudenken.

 

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